In der Jahrhunderthalle Bochum stellte heute Intendant Willy Decker das Programm der Ruhr triennale 2010 vor.
Während der zweiten Spielzeit unter seiner künstlerischen Leitung zeigt das Festival vom 20. August bis 10. Oktober rund 130 Vorstellungen von insgesamt 37 Produktionen in Bochum, Duisburg, Essen, Gladbeck und Mülheim an der Ruhr.
Lag in der vergangenen Spielzeit ein Augenmerk auf den künstlerisch-spirituellen Urthemen der jüdischen Kultur, ist der Blick in dieser Spielzeit auf den islamischen Kulturkreis gerichtet. Unter der Überschrift Wanderung - Suche nach dem Weg beschreibt das Programm der Ruhrtriennale 2010 einen Weg von den Wurzeln uralter islamischer Mystik, Mythen und Kultur hin zu aktuellen Themen in der Auseinandersetzung mit diesem uns einerseits vertrauten und dennoch oft so fremden Denken.
Die Wanderung, die Reise, der Weg spielen in vielen Religionen und spirituellen Traditionen eine bestimmende Rolle. Lehr- und Wanderjahre absolvieren die Propheten, Dichter, Handwerker, die Suchenden und Schüler.
Internationale Künstler aus verschiedenen Kulturkreisen machen sich in diesem Jahr für die Ruhrtriennale auf den Weg und forschen nach den Gemeinsamkeiten und fruchtbaren Unterschieden der verschiedenen kulturellen Hintergründe.
Neben nationalen und internationalen Gastspielen, Lesungen, Symposien, Konzerten und einem kleinen Filmfestival setzt die Triennale ganz auf eigene Kreationen und Uraufführungen. Intendant Willy Decker inszeniert die Eröffnungspremiere Leila und Madschnun. Albert Ostermaier hat nach dem Epos des persischen Dichters Nizami, der 1188 die außerordentliche Liebesgeschichte niederschrieb, den Text dieser Kreation verfasst, für die der palästinensisch israelische Komponist Samir Odeh-Tamimi eine musikalische Sprache entwickelt. Hans Werner Henzes neues Musiktheaterstück für das Ruhrgebiet Gisela! oder: Die merk- und denkwürdigen Wege des Glücks bezieht jugendliche Musik- und Theaterschaffende aus der Region ein. Pierre Audi inszeniert die Uraufführung im Rahmen des Henze-Projekts von RUHR.2010.
Nach dem großen Erfolg seiner Inszenierung Eine Kirche der Angst im Jahr 2008 wird Christoph Schlingensief in dieser Spielzeit wieder bei der Ruhrtriennale inszenieren. Mit S.M.A.S.H. - In Hilfe ersticken entwirft Schlingensief ein phantastisches Szenario, in dem eine mögliche oder unmögliche Geschichte des Operndorfs in Burkina Faso theatralisch vorweggenommen wird. Günter Grass’ Roman Die Blechtrommel - in der Theater fassung von Armin Petras - wird als dramatisches Oratorium von Jan Bosse erstmals auf die Bühne gebracht. Nach Jean-Paul Lilienfelds Film La journée de la jupe erzählt Nurkan Erpulat Verrücktes Blut als aberwitzigen Tanzder unterschiedlichsten Genres. Das Burgtheater gastiert mit Wajdi Mouwads Drama Verbrennungen. In Du sollst ...! lädt die Ruhrtriennale zu einer langen Theaternacht über die Zehn Gebote ein.
Sue Buckmaster und ihre Gruppe Theatre Rites kehren mit der Uraufführung Paradise zur Ruhrtriennale zurück. Ihre neueste Entdeckungsreise führt Menschen ab acht Jahren durch zwölf Gemächer des Paradieses. Inspiriert wird die Regisseurin dabei von der Atmosphäre der Mischanlage der Kokerei Zollverein.
Liebeswahn, Delirium und Raserei prallen aufeinander, wenn Countertenor Philippe Jaroussky und Christina Pluhar sich in den beiden Konzerten Amo! - Ich bin ein Liebender begegnen. Vladimir Ivanoff und sein Ensemble Sarband verbinden Bach, Jazz und arabische Klassik in Passio - Compassio. Christoph Gurk, der neue Kurator der Century of Song-Reihe, folgt auf seiner Suche nach Musiken den Spuren und Pfaden der Kreuzzüge und Migrationsbewegungen. Fündig wurde er dabei u. a. in Pakistan, den Clubs von Süd-London, Istanbul und Tunis. An sechs Abenden präsentiert er seine außergewöhnliche Auswahl.
Vertical Road heißt die neueste Tanztheaterkreation des Choreografen Akram Khan und seiner Kompanie, die er für die Ruhrtriennale mit Performern aus Asien, Europa und dem mittleren Osten entwickelt hat. In William Forsythes spektakulärem Installationsprojekt The Defenders entfalten sich Tanz und Bewegung in einer neuen räumlichen Dimension. Mit der deutschen Erstaufführung von You’ve changed von Thomas Hauerts Gruppe ZOO und Le Cri mit Nacera und Dalila Belaza stehen zwei weitere hochkarätige Tanzproduktionen in Zusammenarbeit mit dem Choreographischen Zentrum PACT Zollverein / Tanzlandschaft Ruhr auf dem Programm.
Die Literaturreihe des Festivals mit bekannten Schauspielerinnen und Schauspielern wie Maren Eggert, Caroline Peters, Elisabeth Orth, André Jung, Martin Schwab, Samuel Weiss und Werner Wölbern umfasst Texte von Mevlana Dschalal al-Din Rumi, Franz von Assisi über Goethe bis hin zu Orhan Pamuk und Salman Rushdie. Sherko Fatah und Christoph Schlingensief lesen aus ihren eigenen Werken.
Im Zentrum des dreitägigen Filmfestivals Spirit of Islam stehen preisgekrönte Spielfilme und brisante Dokumentationen. Publikumsgespräche mit Filmemachern, Autoren und Medienwissenschaftlern ergänzen die Reihe, einige Filme feiern während dieses Festivals ihre Ruhrpremiere.
In einer Matinee zur Eröffnungspremiere Leila und Madschnun sprechen Samir Odeh-Tamimi, Peter Rundel, Willy Decker und Albert Ostermaier über Liebe, Wahnsinn und Dichtung. Josef Joffe diskutiert beim diesjährigen ZEIT FORUM KULTUR mit Theologen, Politikern und Wissenschaftlern über Chancen einer interreligiösen Friedensbewegung. Der Himmlischen Liebe und ihren Bedeutungen in den Religionen der Zeit widmet sich eine weitere Matinee. Necla Kelek streitet in Allahs Töchter mit Frauen verschiedener Glaubensrichtungen und Überzeugungen für eine säkulare Gesellschaft.
Beim Kinderfest der Jungen Triennale in und um dieJahrhunderthalle Bochum lädt Storch Laklak Kinder und Jugendliche zwischen 6 und 14 Jahren ein, mit ihm auf seiner Route in die islamischen Welten zu fliegen. Hartmut El Kurdi wird aus seinen Ruhr gebietssagen von Rittern, Räubern, Spökenkiekern lesen. Traumtänzer von 5 bis 10 Jahren ertanzen sich mit Pilar Buira Ferre in den Klangsprüngen ihre ganz eigene Welt.
Absätze
Quelle
http://www.ruhrtriennale.de