Das diesjährige 14. Bonner Schumannfest findet vom 22. Oktober bis 6. November 2011 statt. Schumann und Italien - das Motto des diesjährigen Schumannfests erklärt sich nicht nur aus der Italienreise Robert Schumanns im Jahr 1829. Es entstand vielmehr auch im Dialog mit Sante Fornasier, dem italienischen Präsidenten der in Bonn beheimateten Dachorganisation European Choral Association - Europa Cantat, mit der das Schumannfest seit Jahren freundschaftlich zusammenarbeitet.
2012 wird das alle drei Jahre stattfindende große Festival "Europa Cantat" in Turin zu Gast sein. Es lag nahe, eine Brücke zwischen Bonn und Italien, Bonn und Turin zu schlagen. Sante Fornasier ist diesmal der Schirmherr des Schumannfests, und italienische Musik setzt Akzente im Programm. Zudem gibt es Gastspiele des Mailänder Ensembles Duomo und des Torino Vocalensemble aus Turin.
Selbstverständlich steht Schumanns Musik im Mittelpunkt, aber wir erinnern auch an Franz Liszt (200. Geburtstag) und an den hierzulande eher unterschätzten italienischen Komponisten Nino Rota (100. Geburtstag). Liszts Geburtstag fällt übrigens genau auf den Eröffnungstag des Schumannfests.
Das Motto "Schöne Fremde – Schumann und Italien" werden Schumannkenner unschwer als die Nr. 6 aus dem Liederkreis op. 39 des Komponisten identifizieren. Schumann war gerade mal 19 Jahre alt, als er sich 1829 auf seine lang ersehnte Italienreise machte. Das Land ist für ihn tatsächlich eine "schöne Fremde", in die Heimat schickt er Briefe, die vom "tiefblauen Himmel Italiens" erzählen, vom "quellenden, sprudelnden Grün der Erde.
Die italienische Musik beeindruckt ihn nicht unbedingt: "Wäre die ganze italienische Sprache nicht eine ewige Musik – ich würde keine gescheite hören. Von dem Feuer, mit dem sie gespielt wird, kannst Du Dir so wenig eine Idee machen als von der Liederlichkeit und der wenigen Eleganz und Präzision." Immerhin: Die Sängerinnen an der Mailänder Scala gefielen ihm auch musikalisch.
Italien mag uns heute, speziell was die Musik angeht, sicherlich keine "Schöne Fremde" mehr sein. Dennoch hat das Motto des Schumannfests seine Berechtigung. Das Programm setzt ausdrücklich einen Akzent auf das "Fremde", das eher Unbekannte. Exemplarisch steht dafür beispielsweise das Gastspiel des Mailänder Ensembles Duomo. Schon die Besetzung mit Gitarre, Flöte, Violine, Bratsche und Cello ist ebenso apart wie ungewöhnlich. In ihrem Konzert beschäftigen sich die italienischen Musiker mit Filmmusik und mit zwei italienischen Komponisten, die im Repertoire des deutschen Konzertbetriebs gründlich vernachlässigt werden: Nino Rota und Ennio Morricone.
Beide sind vor allem durch den Film bekannt geworden. Nino Rota (1911-1979) verstand sich selbst immer als "klassischen Komponisten", er hatte bei Alfredo Casella studiert und wurde 1950 Direktor des Konservatoriums von Bari. Rota komponierte zehn Opern, drei Sinfonien und eine stattliche Reihe von Konzerten für Solo-Instrument und Orchester, gleichwohl begründete die Filmmusik seinen Ruhm – die Partitur zu Coppolas "Pate" dürfte sein bekanntestes Werk sein. Nachdem Federico Fellini den Komponisten 1952 kennen gelernt hatte, wollte er mit keinem anderen mehr musikalisch zusammenarbeiten. Das Schumannfest zeigt in seinem Filmprogramm Fellinis "Amarcord", natürlich mit der Musik von Rota.
Wie Rota hat auch Ennio Morricone (geb. 1928) sozusagen klassische Wurzeln, er studierte am Konservatorium Santa Cecilia in Rom Trompete und Chormusik. Seine Arbeit für den Film ist kaum überschaubar, über 500 Filme sollen es sein, die mit seiner Musik unterlegt sind – "Spiel mir das Lied vom Tod" mag der populärste darunter sein. Für sein Lebenswerk erhielt Morricone 2007 den Oscar; das Ensemble Dumo spielt beim Schumannfest markante Beispiele aus Morricones Schaffen, unter anderem die Musik zu "Once upon a time in America" und "The Mission".
Es gibt also viel zu entdecken beim Schumannfest in diesem Jahr, darunter eben auch "Fremdes". Das reicht von selten gespielten Original-Kompositionen bis zu Bearbeitungen (Chopin und Liszt für die Orgel), vom frisch uraufgeführten Theaterstück ("Der geschwätzige Gast" von Volker Müller) bis zur Opernsängerin im Liedfach (Irina Oknina). Und nicht zuletzt steht eine echte Uraufführung an: Fünf Komponisten nähern sich im Musiktheater "Robert S.".
"Schöne Fremde – Schumann und Italien": Wer einen Blick auf das Musikleben Italiens werfen will, kann das in vielen Konzerten des Festivals tun und in einem sehr speziellen Film: "Opernfieber" erzählt mit liebenswürdiger Eindringlichkeit vom italienischen Opernpublikum, das sich mit Leidenschaft mit der Oper auseinandersetzt. Da existiert zweifellos das, was Robert Schumann wahrgenommen hat: "das ganze tolle, bewegsame, lebendige Leben" Italiens.
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