Der Intendant des Deutschlandradio, Willi Steul, hat im Vorfeld der kommenden Gesellschafterversammlung die Fusion des Deutschen Symphonie-Orchesters (DSO) in Berlin und des Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin (RSB) unter dem Dach der Rundfunk-Orchester und -Chöre GmbH (ROC) vorgeschlagen.
Dazu Christian Höppner, Präsident des Landesmusikrates Berlin:
„Der Fusionsvorschlag für das Deutsche Symphonie-Orchester und das Rundfunk-Sinfonieorchester ist nicht nur ein erneutes Beispiel für die Diskrepanz zwischen Sonntagsreden und Montagshandeln, sondern künstlerisch wie wirtschaftlich barer Unsinn. Beide Orchester leisten auf höchstem Niveau ihren Beitrag zur Kulturellen Vielfalt und damit zur künstlerischen Strahlkraft der Kulturmetropole Berlin. Beide Orchester sind mit einem sich ergänzenden Aufgabenspektrum breit aufgestellt und voll ausgelastet. Beide Orchester haben ihr Publikum, weil sie es verstanden haben, ihre jeweils individuellen Klangprofile im Sinne der Unverwechselbarkeit zu entwickeln und zu bewahren.
Es kann allenfalls der Phantasie von Buchhaltern entspringen, dass nach dem Prinzip „aus 2 mach 1“ irgendein Mehrwert zu erwarten sei. Selbst bei einer rein wirtschaftlichen Betrachtung würde sich eine Fusion für Berlin negativ auswirken, da die künstlerische Attraktivität Berlins zunächst einmal um zwei Orchester ärmer wäre, denn jedes neu gegründete Orchester fängt bei Null an. Weniger Besucher von nah und fern wären nur eine Folge. Ob und in welchem Ausmaß sich ein Publikum für das fusionierte Orchester finden lassen würde, steht vollkommen in den Sternen.
Die Profilbildung eines neuen Orchesters ist ein Prozess von vielen Jahren mit ungewissem Ausgang für die Marktakzeptanz und lässt sich nicht per Beschluss verordnen. Auch unter dem Gesichtspunkt der Umwegrentabilität wäre die Fusion also ein absolutes Minusgeschäft. Zudem wäre die Umsetzung dieses Vorschlages ein Verstoß gegen die völkerrechtlich verbindliche und vom Deutschen Bundestag ratifizierte UNESCO Konvention zum Schutz und zur Förderung der Kulturellen Vielfalt. Illusionen nutzen gar nichts: Ein einmal geschlossenes Orchester wird nicht wieder kommen.
Ich appelliere vor allem an Kulturstaatsminister Bernd Neumann und den Regierenden Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit für die Musikstadt Berlin Schaden abzuwenden, indem sie die Umsetzung des Fusionsvorschlages verhindern und sich auf allen Ebenen kraft ihrer politischen Wirkungsmöglichkeiten für den Erhalt dieser beiden Orchester engagieren. Bei allem anerkennenswerten Engagement des Bundes für die Kulturmetropole Berlin, darf die geplante Reduzierung der Berliner Orchesterlandschaft nicht zur Sollbruchstelle für das Engagement zum Schutz und zur Förderung der Kulturellen Vielfalt werden. Die Appelle des Bundes an die Länder, ihre Bildungs- und Kulturhoheit verantwortungsvoll wahrzunehmen, würden im Falle einer Umsetzung dieses Vorschlages konterkariert werden und den Kommunen und Ländern angesichts der Finanzkrise einen Vorwand für weitere Kürzungen liefern.
Bundespräsident Horst Köhler hat bei dem Konzert zum 15jährigen Bestehen der Rundfunk- und Chöre GmbH im Schloss Bellevue am vergangenen Sonntag dazu aufgerufen, den Fusionsvorschlag breit zu diskutieren. Diese Diskussion sollte für jeden von uns erneut Anlass sein, sich aktiv in die öffentliche Meinungsbildung einzubringen. In diesem Sinne hoffe ich nicht nur auf das entschiedene Nein aller Kulturschaffenden in unserer Stadt, sondern auf eine deutliche Meinungsäußerung der Bürgerinnen und Bürger Berlins.“
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