Die „Tage Neuer Musik in Weimar“ widmen sich seit ihrer Gründung 1988 jedes Jahr einem speziellen Thema. 2010 lautet es: „Reflexion & Inspiration“. „Dabei wird den Einflüssen nachgespürt, die sich in vielfältiger Weise als anregend für ihre Arbeit erweisen“, erklärt Festivalleiter Michael von Hintzenstern den inhaltlichen Ansatzpunkt. Fünf Konzerte mit internationalen Spitzensolisten und Ensembles präsentieren dabei ein „Universum Neuer Klaviermusik“, „Theatralische Aktionen“, „Neue Spielarten improvisierter Musik“, „Internationale Tendenzen elektroakustischer Musik“ und „Neue Ansätze der Komposition für Streichquartett“.

Im Bestreben, einen der wichtigsten „Grenzgänger“ der Neuen Musik im Osten Deutschland anlässlich seines 80. Geburtstages zu ehren, wird Paul-Heinz Dittrich Zeuthen als „composer in residence“ am Festival teilnehmen. Charakteristisch für dessen Werk ist die Verbindung von Musik und Sprache. Wie kaum ein anderer Tonschöpfer der Gegenwart hat er die europäische Literatur, insbesondere die Lyrik, in seinem umfangreichen Schaffen geborgen. Dafür stehen seine Klaviermusik V „Hommage à Heiner Müller“ ebenso wie sein Streichquartett III „Nachmusik nach Novalis“, welche das Festival umrahmen. Das gilt aber auch für Doppelbegabungen wie den Komponisten und Dichter Allain Gaussin, der das Blitzen nächtlicher Traumbilder in komplexe musikalische Strukturen verwandelt. Ansatzpunkte gibt es viele, wenn z.B. Georges Aperghis in einer seiner musik-theatralischen Aktionen eine Autorennstrecke zum Schauplatz eines Schlagzeugstückes macht, in dem der Performer viele veschiedene Rollen zu spielen hat: den Fahrer, den Sport-Kommentator, das Publikum und das Auto selbst.

Gerade in der elektroakustischen Musik ergeben sich neue Beziehungsebenen, wobei die Klangwelt eines Flipperautomaten das „motivisch-thematische Material“ ebenso liefern kann wie das Bohren, Schweißen und Sägen eines Stahlwerkes. Das gilt nicht zuletzt für live-elektronischen Kompositionen, bei denen sich aus wechselseitigen Interaktionen zwischen Instrument und Computer neue Dimensionen des Musizierens eröffnen. „Klassiker“ wie Luigi Nono oder Frederic Rzewski werden hierbei einer Komponistengeneration gegenübergestellt, die erst in den 70er Jahren geboren wurde. Das Festival lädt dazu ein, einen Kosmos facettenreicher Möglichkeiten zwischen Reflexion und Inspiration zu erleben.