In besonderer Weise ist dem künstlerischen Wirken des Komponisten und Regisseurs Heiner Goebbels die Überschreitung von Grenzen eingeschrieben. Sein Musiktheater, seine Konzerte und Installationen sind nicht nur auf den internationalen Bühnen präsent, bereits ihr Ausgangspunkt ist die Begegnung mit internationalen Künstlern und die internationale künstlerische Kooperation.

Sie schöpfen aus den Werken von Gertrude Stein und Heiner Müller ebenso wie aus den Texten Elias Canettis oder Alain Robbe-Grillets. Sie entstehen gemeinsam mit afrikanischen und griechischen Musikern, dem Ensemble Modern, mit dem Schauspieler André Wilms, der schwedischen Performerin Charlotte Engelkes, der israelischen Videokünstlerin Michal Rovner, die in New York lebt, oder der japanischen Musikerin Yumiko Tanaka. Und neben der Wahl-Produktionsheimat von Heiner Goebbels, dem Théâtre Vidy Lausanne, stehen in der langen Reihe der Ko-Produzenten und Partner seiner Aufführungen neben vielen anderen das schauspielfrankfurt, das Festival d’Automne Paris, die Wiener Festwochen wie auch die Berliner Festspiele / spielzeiteuropa.

Goebbels Arbeiten überschreiten die Grenzen zwischen Musik, Theater und Bildender Kunst. Sie kombinieren und dekonstruieren das musikalische Material ebenso wie die Texte, sie spielen mit den Konventionen des Theaters und beziehen ihre Inspiration aus den Diskursen der zeitgenössischen Kunst. In seinen Kompositionen und Inszenierungen verbinden sich Musik und Szene, Klang und Licht zu einem Angebot an den Zuhörer / Zuschauer, der zum aktiven Mitwirkenden der Aufführung wird. Die Überschreitung der Grenze zu diesem Partner des künstlerischen Prozesses ist in hohem Maße Intention dieser Kunstwerke. Sie durchkreuzen die Strategien unserer Wahrnehmung, überschreiten – nochmals sei dieser Terminus gebraucht – die Grenzen des Erfahrenen, Gesicherten, Bekannten. Und sie sind wunderbar verstörende theatralische Ereignisse.

Den künstlerischen Austausch, die Vermittlung von eigenen Erfahrungen und die Förderung des Nachwuchses hat Heiner Goebbels seit vielen Jahren zu einem Schwerpunkt seiner Arbeit gemacht. Seit 1999 hat er eine Professur am Giessener Institut für Angewandte Theaterwissenschaft inne, seine Mitgliedschaft in der Akademie der Darstellenden Künste wie der Berliner Akademie der Künste sind hier ebenso zu nennen wie seine Rolle als Mitbegründer der Hessischen Theaterakademie, das vielfältige Engagement in den Kuratorien z.B. der Akademie Musiktheater Heute oder in der Jury des Plateaux Festivals für internationalen Theaternachwuchs am Künstlerhaus Mousonturm Frankfurt.

Zum Welttheatertag 2006 ehrt das deutsche Zentrum des Internationalen Theaterinstituts mit Heiner Goebbels einen der renommiertesten deutschen Künstler, dessen internationale Kreationen sich nicht in den Grenzen eines Genres noch denen eines Landes verorten lassen.

Der undotierte Preis wird alljährlich durch die Mitglieder des ITI-Zentrums, rund 200 Theaterkünstler und künstlerische Produzenten aus allen Theatergenres und ganz Deutschland, vergeben.

Bisherige Preisträger waren Klaus Michael Grüber, George Tabori, die Mülheimer Theatertage, die Hauptredaktion Theater und Musik des Zweiten Deutschen Fernsehens, Karl-Ernst Herrmann, Pina Bausch, Hans Werner Henze, Peter Palitzsch, Thomas Langhoff, Tankred Dorst, Siegfried Matthus, William Forsythe, Gert Voss, Achim Freyer, Volker Ludwig und das GRIPS-Theater, Adolf Dresen, das Internationale Forum Junger Bühnenangehöriger und Manfred Linke, das Theater an der Ruhr, Frank Castorf, Nele Hertling und Kurt Hübner.

Die feierliche Übergabe der Urkunde durch Manfred Beilharz, den Präsidenten des Internationalen Theaterinstituts, findet voraussichtlich im Sommer diesen Jahres statt.