Die Deutsche Orchestervereinigung (DOV) fordert die Abgeordneten von Bundestag und Europäischem Parlament dringend auf, sich dafür einzusetzen, dass der Kulturbereich aus der von der EU-Kommission vorgeschlagenen Richtlinie über "Dienstleistungen im europäischen Binnenmarkt" herausgenommen wird. Ohne diese eindeutige Maßnahme sieht die DOV langfristig eine Bedrohung der deutschen Orchester- und Kulturlandschaft.

"Nach dem jetzigen Stand wäre die EU-Richtlinie ein echtes trojanisches Pferd: ein Unternehmen könnte sich ein EU-Land als Standort aussuchen, das den niedrigsten Standard, z.B. schlechte soziale Absicherung für Künstler hat, diese in andere EU-Staaten entsenden und damit die dort bestehenden Sozialsysteme unterlaufen und schwächen", sagt Gerald Mertens, Geschäftsführer der Deutschen Orchestervereinigung.

Die Richtlinie sieht im Wesentlichen vor, die Aufnahme und Ausübung von Dienstleistungstätigkeiten innerhalb des europäischen Binnenmarktes zu liberalisieren bzw. die Voraussetzungen hierfür zu harmonisieren. Während u. a. weite Bereiche der Wirtschaft (z. B. Telekommunikation) und der öffentlich-rechtliche Rundfunk ausdrücklich ausgenommen sind, ist für den Kulturbereich bisher noch keine entsprechende Ausnahmeregelung getroffen worden. "Nachdem die Risiken einer Liberalisierung des Dienstleistungshandels auf internationaler Ebene durch das Scheitern der GATS-Verhandlungen vorerst nicht mehr bestehen, drohen dieselben Nachteile nun auf nationaler und europäischer Ebene, wenn der Vorschlag der EU-Kommission unverändert vom Europäischen Parlament angenommen wird", so Mertens weiter.

Bei den GATS-Verhandlungen wie auch bei der geplanten EU-Richtlinie geht es u. a. um die Auswirkungen einer ungeschützten Öffnung des Marktes für Dienstleistungen. Wichtigstes Argument für eine klarstellende Regelung zugunsten der Kultur auf EU-Ebene ist die qualitative Sicherung und die Weiterentwicklung der europäischen kulturellen Vielfalt, für die eine jeweilige eigenständige nationale Kulturhoheit bzw. Regelungsbefugnis für den kulturellen Bereich jedes einzelnen Mitgliedstaates wesentlich günstiger und effektiver ist als die Inanspruchnahme einer rechtlich nicht existierenden europäischen oder internationalen "Kulturkompetenz". "Es geht nicht um Kleinstaaterei oder neue Hürden, sondern um den Erhalt einer reichen und qualitativ hochwertigen Kulturlandschaft, deren Reiz in einer großen Vielfalt und nationalen Unterschiedlichkeit liegt, nicht dagegen in einer europäischen oder globalen Einheitskultur", sagt Mertens abschließend.

V.i.S.d.P.
Gerald Mertens

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