Der Deutsche Kulturrat, der Spitzenverband der Bundeskulturverbände, fordert Kulturstaatsminister Bernd Neumann, MdB, Bundesfinanzminister Wolfgang Schäube, MdB und die Abgeordneten des Deutschen Bundestags auf, sich die Vorschläge der Gutachter zur Abschaffung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes für die Kultur nicht zu eigen zu machen.

Gestern ist ein Forschungsgutachten „Analyse und Bewertung der Strukturen von Regel- und ermäßigten Sätzen bei der Umsatzbesteuerung unter sozial-, wirtschafts-, steuer- und haushaltspolitischen Gesichtspunkten“, das das Bundesministerium der Finanzen in Auftrag gegeben hat, veröffentlicht worden. Das Gutachten wurde den Mitgliedern des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags zugeleitet.

Die Gutachter schlagen für den Kulturbereich die vollständige Abschaffung der Umsatzsteuerermäßigungen vor. Sie unterstreichen zwar, dass die kulturellen Leistungen eine hohe Bedeutung haben und dass das Bundesverfassungsgericht die Bundesrepublik Deutschland wiederholt als „Kulturstaat“ bezeichnet hat, sehen die Umsatzsteuerermäßigung aber als kein geeignetes Instrument der Kulturförderung an.

Der Deutsche Kulturrat widerspricht dieser Sicht entschieden. Der ermäßigte Umsatzsteuersatz dient dazu, die Teilhabe an Kunst und Kultur breiten Schichten der Bevölkerung zu ermöglichen. Er hat daher eine verteilungspolitische Dimension. Er dient zugleich der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Kulturwirtschaft. Wie in dem Gutachten selbst ausgeführt wird, sind in den anderen EU-Mitgliedstaaten Umsatzsteuerermäßigungen bzw. -befreiungen üblich. Würde der ermäßigte Umsatzsteuersatz in Deutschland abgeschafft, würde dieses für die deutsche Kulturwirtschaft einen erheblichen Wettbewerbsnachteil bedeuten. Zusätzlich würde der Zuschussbedarf öffentlicher Kultureinrichtungen steigen, denn sie sind vielfach Nachfrager kultureller Güter und Dienstleistungen. Die Abschaffung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes beispielsweise für Bücher würde mit einem Schlag den Finanzbedarf von öffentlichen und wissenschaftlichen Bibliotheken deutlich erhöhen. Angesichts des bestehenden Spardrucks würde sich die Politik damit einen Bärendienst erweisen. Das Geld, das sie mit der einen Hand durch den vollen Umsatzsteuersatz einnehmen würden, müsste sie mit der anderen für höhere Anschaffungsetats wieder ausgeben.

Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, sagte: „Die jetzt vorgelegte Analyse von Umsatzsteuerermäßigungen rein unter sozial-, wirtschafts-, steuer- und haushaltspolitischen Gesichtspunkten greift viel zu kurz. Die kulturpolitischen Wirkungen müssen in eine solche Analyse einfließen. Dieses gebietet bereits die von der Bundesrepublik Deutschland ratifizierte „UNESCO-Konvention zum Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen“, die explizit Maßnahmen zur Stärkung der Kulturwirtschaft und zur Sicherung der kulturellen Teilhabe vorsieht. Wir forden die Politiker zu einem klaren Bekenntnis zum ermäßigten Umsatzsteuersatz für die Kultur auf.“

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