»Vollendet unvollendet« – unter diesem Motto stand das Europäische Musikfest Stuttgart 2008, das an diesem Sonntag mit der Aufführung von Anton Bruckners »Messe f-Moll« und Max Regers Requiem-Fragment zu Ende ging. Helmuth Rilling leitete die Gächinger Kantorei Stuttgart und die Stuttgarter Philharmoniker, es sangen: Simone Schneider (Sopran), Daniela Sindram (Alt), Dominik Wortig (Tenor), Markus Marquardt (Bass).

Einen Schwerpunkt des zweiwöchigen Musikfests bildeten Werke von Johann Sebastian Bach, darüber hinaus wurden zahlreiche Spätwerke und Fragmente aufgeführt. Diskussionsrunden im »Musikalischen Café« mit so prominenten Gästen wie Gesangs- Kritiker Jürgen Kesting oder Musikwissenschaftler Constantin Floros rundeten das Programm ab. Über 30.000 Besucher kamen zu den rund 60 Veranstaltungen des Musikfests. Lief der Kartenverkauf zunächst etwas schleppend an, so wurden die Erwartungen in einigen Bereichen übertroffen: Die Liederabende von Christoph Prégardien und Christian Gerhaher waren restlos ausverkauft.

»Ich bin beeindruckt von unserem Publikum und der Qualität des Festivalprogramms«, zog Christian Lorenz Bilanz am Endes seines ersten Musikfests als Intendant der Bachakademie. »Es ist eine große Herausforderung dafür zu sorgen, dass das Festival künftig von einer noch breiteren Öffentlichkeit als das bedeutende Musikfest der Landeshauptstadt Stuttgart wahrgenommen wird.«

Zu Beginn des Festivals präsentierte Helmuth Rilling Bachs »Matthäus-Passion« mit dem Festivalensemble Stuttgart. Dem Ensemble, das von der E.ON AG großzügig gefördert wurde, gehörten in diesem Jahr 100 junge Sänger und Musiker aus 24 Ländern an. Neben der »Matthäus-Passion« erarbeitete Rilling mit den jungen Musikern aus aller Welt auch ein Schubert-Programm (Messe As-Dur, Gesang der Geister über den Wassern und die »Unvollendete«), das in Stuttgart und später in ausverkauften Konzerten in Salem und beim Rheingau Musik Festival wiederholt wurde.

Ein breites Spektrum unterschiedlicher Konzertformate, das sich von großer klassischer Sinfonik im Beethoven-Saal der Liederhalle über Wandelkonzerte bis hin zu experimentellen Formen wie Jazz-Adaptionen der »Kunst der Fuge« spannte, hatte das Musikfest zu bieten. Meisterkurse von den Sängern Christian Gerhaher und Christoph Prégardien rundeten das Angebot ab.

Zu den Höhepunkten des Musikfests gehörte u. a. die Aufführung der »Offrande musicale sur le nom de BACH« des französischen Komponisten Charles Koechlin mit dem Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR unter Leitung von Heinz Holliger. Eine Aufnahme dieses groß besetzten Orchesterwerks, das im Rahmen des Europäischen Musikfests zum ersten Mal nach der Uraufführung wieder gespielt wurde, wird bei Hänssler Classic erscheinen. Das Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR interpretierte unter Leitung von Sir Roger Norrington Mahlers Neunte – ebenfalls ein Spätwerk.

Weitere Künstler des Musikfests waren Hille Perl, Angela Hewitt, Simone Dinnerstein und Evgeni Koroliov, das Klavierduo Robert Levin und Ya-Fei Chuang, die Ensembles amarcord und NeoBarock, das Leipziger Streichquartett und das Mandelring Quartett u.v.a.

Leider blieb das Musikfest von krankheitsbedingten Absagen nicht verschont. Der Frankfurter Organist Prof. Martin Lücker sprang für den erkrankten Stefan Engels ein. Die junge Hamburger Sopranistin Mojca Erdmann übernahm mit einem neuen Programm die Liedsoirée von Annette Dasch. Eine große Entdeckung war die russische Geigerin Natalia Lomeiko, die kurzfristig in die beiden Konzerte von Dmitry Sitkovetsky eingesprungen ist.

Das Europäische Musikfest Stuttgart 2009 findet vom 4. bis 20. September statt. Das detaillierte Programm wird im Herbst 2008 veröffentlicht.