Am Samstag, 5. Oktober, endet nach 67 Konzerten im Hauptprogramm und 95 weiteren Veranstaltungen im Rahmenprogramm das Beethovenfest Bonn 2013. Das Abschlusskonzert mit dem London Symphony Orchestra unter der Leitung von Daniel Harding und dem Solisten Christian Tetzlaff markiert zugleich das Ende der Intendanz von Ilona Schmiel. Die 46-jährige Kulturmanagerin übernahm 2004 die künstlerische Leitung und Geschäftsführung des Beethovenfestes Bonn von Franz Willnauer. Ilona Schmiel wechselt 2014 in gleicher Funktion zur Tonhalle Gesellschaft Zürich, ihre Nachfolge in Bonn tritt Nike Wagner an.

Das Beethovenfest Bonn 2013 erreichte mehr Zuhörer als jemals zuvor seit der Festival-Neugründung 1999. Etwa 75.000 Zuschauer besuchten die insgesamt 152 Veranstaltungen unter dem Motto »Verwandlungen«, 2012 waren es rund 70.000, 2004 noch 40.000. Die Ausweitung und gleichzeitige Vernetzung in Stadt, Region, Land und weltweit ist einer der Verdienste Schmiels. Das Beethovenfest Bonn lässt eine große künstlerische Vielfalt bei höchster künstlerischer Qualität zu.

Beim Beethovenfest Bonn 2013 unter der Schirmherrschaft von Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft waren 49.500 Eintrittskarten für 67 Veranstaltungen im Hauptprogramm in 26 Spielstätten in Bonn und Umgebung im Verkauf. 24 der Konzerte waren ausverkauft, es konnte eine Auslastung von 82 Prozent erreicht werden. Die meisten der 95 Angebote im Rahmenprogramm waren hervorragend besucht: Die Post Tower Lounge-Konzerte waren alle ausverkauft, die Workshops für Kinder, Jugendliche und Auszubildende ausgebucht, viele Diskussionsveranstaltungen und Filmvorführungen fanden regen Anklang. Das Public Viewing zu Beethovens »Fidelio« mit Paavo Järvi und der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen zog 3.000 Zuhörer auf den Bonner Marktplatz.

Das Motto »Verwandlungen« spiegelte sich in Formen der Darbietung und Inszenierung, in Variationen und Adaptionen von bestehenden musikalischen Werken und deren Visualisierung, in der Betrachtung von Regionen im Wandel wie dem Ural und der Türkei und im Wagner-Jubiläumsjahr in Arrangements seiner Werke. Klangkörper wie das Pittsburgh Symphony Orchestra mit Manfred Honeck, Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen mit Kent Nagano und Paavo Järvi, das NDR Sinfonieorchester mit Thomas Hengelbrock, die Bamberger Symphoniker mit Jonathan Nott und The Academy of St Martin in the Fields mit Julia Fischer und Sir Neville Marriner präsentierten jeweils in »Residencies« ihre eigene Position im Wandel der Tradition in Bonn.

Einen Schwerpunkt widmete das Beethovenfest Bonn 2013 Künstlern, die ihre traditionellen Wurzeln in neue Konzertprogramme einbrachten, dazu gehörten Patricia Kopatchinskaja, Pekka Kuusisto, Ragnhild Hemsing und Caitriona O’Leary. Patricia Kopatchinskaja als »Artist in Residence« steht für die Generation junger Künstler, die mit eigenen Ansatzpunkten auch in scheinbar bekannten Werken neue Facetten aufzeigen, wie es die moldawische Geigerin eindrucksvoll und durchaus polarisierend in ihrer Interpretation von Beethovens Violinkonzert tat. Dies gelang auch András Schiff in seinem Beethoven-Sonaten-Zyklus, den er über zwei Jahre seit 2012 beim Beethovenfest präsentierte. Die halb-szenische Produktion des »Fidelio« mit Paavo Järvi und der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen sowie einem hevorragenden Sängerensemble aus Burkhard Fritz (Florestan), Cecile Perrin (Leonore), Detlef Roth (Don Fernando), Evgenij Nikitin (Don Pizarro), Dmitri Ivashchenko (Rocco), Mojca Erdmann (Marzelline) und Julian Prégardien (Jaquino) geht von Bremen und Bonn aus auf Reisen und wird im November in Yokohama präsentiert.

»Wir waren immer am Puls der Zeit, 2013 ist ein gutes Beispiel dafür«, resümiert Ilona Schmiel. »Oft ist es uns in den letzen zehn Jahren meiner Intendanz gelungen, Themen und künstlerische Inhalte aufzuspüren und vorab zu besetzen. Dazu zähle ich das venezolanische ‚Sistema‘, das wir hier in Bonn früh präsentiert haben. Ich war nach meinem ersten Besuch in Caracas von dieser Form der musikalischen Ausbildung überzeugt. Deshalb war ich mir sicher, dass Gustavo Dudamel als Einspringer im Abschlusskonzert meines ersten Festivals 2004 nicht nur gut funktionieren, sondern ein voller Erfolg werden würde, der international Beachtung findet. Genauso war es bei meiner Begegnung mit Martin Grubinger: mit ihm haben wir 2006 für das Beethovenfest den »Percussive Planet« entwickelt, der hier noch sieben Stunden dauerte, und in Folge weltweit präsentiert und gefeiert wurde«. Neben künstlerischen Entwicklungen hat das Beethovenfest unter der Leitung von Ilona Schmiel auch gesellschaftliche Entwicklungen antizipiert: 2011 trat das National Youth Orchestra of Iraq in Bonn auf, 2010 die Sinfônica Heliópolis des Instituto Baccarelli aus São Paulo, das im venezolanischen ‚Sistema‘ ein Vorbild gefunden hat, 2007 das Hochschulorchester aus Kairo. Diese Regionen erfahren ebenso wie die Türkei, die beim Orchestercampus von Deutsche Welle und Beethovenfest unter dem Motto »Beethoven le bulușma – Begegnung mit Beethoven« seit 2012 im Fokus steht, gesellschaftlich-politische Umbrüche, die sich auch in der Musiklandschaft niederschlagen. »Es ging mir immer um inhaltliche Relevanz bei höchster künstlerischer Qualität. Wir müssen im ständigen Dialog bleiben, mit den Künstlern, dem Publikum, den Förderern und der Politik aufgrund permanenter Änderungen von Rahmenbedingungen und gesellschaftlicher Entwicklungen«, so Ilona Schmiel.