- Datum:
-
Veranstaltungsort:
Inzigkofen
-
Veranstaltungsnummer:
07154-23
Beschreibung
Im Laufe des 19. Jahrhunderts entstehen außerhalb des „Kerngebiets“ der europäischen Musikkultur – also Italien, Frankreich und Deutschland/Österreich – Bestrebungen, den „gemeinsamen“ Stil durch Eigenheiten einzelner nationaler oder regionaler Musikkulturen zu bereichern, evtl. sogar zu verändern. Die sehr weit gefassten Begriffe „Nationale Schulen“ oder auch „Nationalromantiken“ stehen für solche Tendenzen – eine Parallele zum entstehenden und schnell gefährliche Formen annehmenden politischen Nationalismus ist sicher vorhanden! Vieles wird mehr oder weniger beibehalten, z. B. Tonsystem, Instrumente, Formen; neu hinzu kommen oft Elemente aus der eigenen Volksmusik, die besondere Färbungen bringen, manchmal auch quer oder fremd zur europäischen Musik stehen.
Am umfangreichsten sind die Beiträge der slawischen Völker: Polen (im 19. Jahrhundert kein eigener Staat) und Böhmen/Mähren, beide seit dem Mittelalter kulturell dem Westen zugehörig, bringen mit Chopin, bzw. Smetana und Dvořák Komponisten von Weltgeltung hervor. In Russland, seit ca. 1700 der westlichen Kultur geöffnet, stehen den national gesinnten Kreisen („mächtiges Häuflein“) allerdings auch betont westlich eingestellte Komponisten (z. B. Tschajkowskij) gegenüber. Der sich stolz als Ungar verstehende Kosmopolit Liszt nimmt ungarische Elemente in viele Kompositionen auf, die im 20. Jahrhundert freilich durch Bartók als pseudoungarisch disqualifiziert worden sind. Im stark auf Deutschland orientierten Skandinavien findet als erster der Däne Niels Gade einen „nordischen Ton“, international bekannter ist der Norweger Grieg. Erst spät, um oder nach 1900 bringen Finnland mit Sibelius und Spanien mit de Falla Komponisten hervor, die aufgrund ihres Stils als Nationalkomponisten ihrer Länder gelten. Während diese Komponisten in ihren Herkunftsländern oft als wahre Nationalhelden gelten, hat dies andererseits ihre Rezeption in anderen Ländern nur selten behindert: Das typisch „Nationale“ wurde im großen Ganzen als Bereicherung oder als eine Art Würze empfunden.