Heinrich-Schütz-Preis
Heinrich-Schütz-Preis  
Foto:  Mathias Marx

Der Internationale Heinrich-Schütz-Preis geht in diesem Jahr erstmals an zwei Institutionen. Im Festjahr SCHÜTZ22 – „weil ich lebe“ anlässlich des 350. Todestages des Komponisten werden die Verlage Bärenreiter (Kassel) und Carus (Stuttgart) mit der silbernen Ehrenmedaille ausgezeichnet, die seit 2018 alljährlich im Rahmen des Heinrich Schütz Musikfestes verliehen wird. Mit diesem undotierten Preis werden Persönlichkeiten, Ensembles, Einrichtungen und Institutionen geehrt und gewürdigt, die sich durch exzellente künstlerische wie wissenschaftliche Leistungen und Verdienste um die Interpretation, lebendige Vermittlung und weitreichende Verbreitung des Œuvres von Heinrich Schütz und der Musik seiner Zeit sowie durch ein herausragendes Engagement für deren nachhaltige Bewahrung und Förderung auszeichnen. Die Preisverleihung findet am 16. Oktober 2022 im sächsischen Torgau statt.

Statements der Preisträger

Prof. Dr. Barbara Scheuch-Vötterle, Geschäftsführerin des Bärenreiter-Verlags: „Wir fühlen uns durch diese Auszeichnung sehr geehrt und bestätigt und danken dem Heinrich Schütz Musikfest dafür. Schon 1928, nur fünf Jahre nach seiner Gründung durch meinen Vater Karl Vötterle, hat Bärenreiter zum ersten Mal ein Werk von Heinrich Schütz herausgegeben und damit die Wiederentdeckung des damals noch weitgehend vergessenen Komponisten angestoßen. Seit 1955 erscheint dann die ,Neue Schütz-Ausgabe‘, die wissenschaftlich-kritische Gesamtausgabe der Werke des Komponisten, der seine Ausbildung in Kassel erhielt. Damit wurde das Tor zur großen Verbreitung seiner Werke aufgestoßen. Schütz wird immer einen Ehrenplatz in unserem Verlagsprogramm haben.“

Dr. Johannes Graulich, Verleger und geschäftsführender Gesellschafter Carus-Verlag Stuttgart: „Die Musik von Heinrich Schütz nimmt bei Carus seit jeher einen gewichtigen Platz ein. Getreu unserem Motto ,Aus der Praxis, für die Praxis‘ ebnete die Stuttgarter Schütz-Ausgabe den Weg für die historisch informierte Aufführungspraxis. Mein Vater Günter Graulich hat bereits in den 1960er Jahren mit der Arbeit begonnen. Mit der 2019 abgeschlossenen Gesamteinspielung im Label Carus, realisiert mit dem Dresdner Kammerchor, seinem künstlerischen Leiter Hans-Christoph Rademann, dem MDR und weiteren Rundfunkanstalten, konnte Carus Heinrich Schütz auch ein klingendes Denkmal setzen. Der Internationale Heinrich-Schütz-Preis 2022 ist uns eine große Ehre und zugleich Ansporn, uns weiter mit voller Kraft für Schütz zu engagieren.“

Auszeichnung für die Beschäftigung mit einer „Mammutaufgabe“

Bei der Herausgabe der Werke von Heinrich Schütz gilt es bis heute, den Spagat zwischen wissenschaftlicher, quellenbasierter Edition und Praxis zu meistern. „Die beiden Verlage – der Bärenreiter-Verlag Kassel und der Carus-Verlag Stuttgart – stellen sich in besonderer Weise seit Jahrzehnten einer Mammutaufgabe im Zeichen des Sagittarius. Ihre Arbeit ist Basis für Wissenschaft und Musizierpraxis. Im Festjahr SCHÜTZ22 scheint der geeignete Moment gekommen, diese herausragende Leistung zu würdigen“, begründet die Intendantin des Heinrich Schütz Musikfestes, Dr. Christina Siegfried, die Entscheidung für die diesjährigen Preisträger.

Seit 1955 erscheinen im Bärenreiter-Verlag die Bände der „Neuen Ausgabe sämtlicher Werke“ von Heinrich Schütz als eine quellenkritische Ausgabe für den wissenschaftlichen ebenso wie praktischen Gebrauch. Die seit 1979 bei Bärenreiter erscheinenden „Schütz-Jahrbücher“ wiederum bilden ein wichtiges Forum für die wissenschaftliche Erschließung des vielschichtigen Œuvres von Schütz. Und man kann sich im Festjahr SCHÜTZ2022 über die Schließung von seit Langem schmerzlich empfundenen Desideraten freuen: Walter Werbeck hat vor einigen Monaten das „Schütz-Handbuch“ herausgegeben, und noch bis Ende dieses Jahres erscheint, ebenfalls beim Bärenreiter-Verlag, das von Werner Breig (Heinrich-Schütz-Preisträger 2021) herausgegebene „Schütz-Werkverzeichnis“.

Ende der 1960er Jahre startete Günter Graulich im Carus-Verlag eine wissenschaftlich-kritische Edition Schütz’scher Werke. Die „Stuttgarter Schütz-Ausgabe“ erscheint seit 1971. Bei großer Kontinuität im Notenbild ist sie stets Vorreiter bei der Anwendung moderner Editionstechniken. Besonders tauglich für die Praxis waren die vom Carus-Verlag parallel herausgegebenen zweisprachigen Einzelwerkausgaben und das Aufführungsmaterial zu (fast) allen Stücken. Auf Grundlage dieser Ausgabe wurde seit 2009 eine „Schütz-Gesamteinspielung“ durch den Dresdner Kammerchor unter Leitung von Hans-Christoph Rademann (Heinrich-Schütz-Preisträger 2018) realisiert, die seit ihrem Abschluss im Jahr 2019 nun 20 Folgen auf insgesamt 27 CDs umfasst und mit mehreren Preisen ausgezeichnet wurde.

Preisverleihung am 16. Oktober 2022 in Torgau

Die silberne Ehrenmedaille zum Internationalen Heinrich-Schütz-Preis wurde von der weltweit renommierten Künstlerin Anna Franziska Schwarzbach geschaffen. Bisherige Schütz-Preisträger sind Hans-Christoph Rademann (2018), Sir Roger Norrington (2019), Françoise Lasserre (2020) und Prof. Dr. Werner Breig (2021).

Die Verleihung des Internationalen Heinrich-Schütz-Preises 2022 findet im Rahmen des Abschlusskonzertes des Heinrich Schütz Musikfestes am Sonntag, 16. Oktober 2022, um 17.00 Uhr in der Schlosskirche auf Schloss Hartenfels in Torgau statt. Die Laudatio hält Prof. Dr. Wolfgang Hirschmann, Präsident der Mitteldeutschen Barockmusik in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen e.V. (MBM). Er ist Professor für Historische Musikwissenschaft und Institutsleiter an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg sowie Träger des Händel-Preises der Stadt Halle im Jubiläumsjahr 2022.

Im Konzert selbst wird der diesjährige artist in residence, das belgische Vokal- und Instrumentalensemble Vox Luminis unter der Leitung von Lionel Meunier, mit klangprächtigen Werken von Heinrich Schütz und seinen Zeitgenossen „Klingende Friedensbotschaften“ verbreiten.

Karten für das Abschlusskonzert sowie für alle anderen Veranstaltungen des Heinrich Schütz Musikfestes 2022 sind unter www.schütz-musikfest.de erhältlich.

Weitere Informationen zum Bärenreiter-Verlag und zur Neuen Schütz-Ausgabe

Der Bärenreiter-Verlag (gegründet 1923) mit Sitz in Kassel ist weltweit einer der größten Verlage für klassische Musik. Die Gesamtausgaben der Werke von Schütz, Bach, Händel, Mozart, Schubert, Berlioz und anderen machten ihn international bekannt. Alle Bereiche der klassischen Musik sind im Verlagsprogramm vertreten. Ein anspruchsvolles Musikbuchprogramm ergänzt die Notenpublikationen. Hinzu kommt das Engagement für zeitgenössische Komponisten.

Die „Neue Schütz-Ausgabe“, herausgegeben im Auftrag der Internationalen Heinrich-Schütz-Gesellschaft, ist eine quellenkritische Ausgabe für den praktischen Gebrauch und bietet unter Beachtung wissenschaftlicher Editionsgrundsätze den Notentext in moderner Schlüsselung und Notation. Sie umfasst in mehr als vierzig Bänden sämtliche überlieferten Werke von Heinrich Schütz. Die lange Laufzeit der „Neuen Schütz-Ausgabe“ brachte es mit sich, dass sehr früh erschienene Bände aktuellen wissenschaftlich-kritischen Maßstäben nicht mehr genügen. Daher wurden in den letzten Jahren einige ältere Bände in wissenschaftlich-kritischen Ausgaben auf aktuellem Forschungsstand erneut vorgelegt. So können Chöre und Instrumentalisten die Werke des Komponisten auf dem aktuellen Erkenntnisstand aufführen.

Weitere Informationen zum Carus-Verlag und zur Stuttgarter Schütz-Ausgabe

Seit der Verlagsgründung vor 50 Jahren hat Carus einen weltweit einzigartigen Notenkatalog aufgebaut. Das Programm mit rund 45.000 überwiegend vokal besetzen Werken spiegelt die Entwicklung von fünf Jahrhunderten Chormusik: Das Angebot reicht von der Gregorianik, Madrigalen und Motetten der Renaissance bis zur zeitgenössischen Chormusik sowie Werken für Jazz- und Popchor. Die wichtigsten Oratorien, Messen und Kantaten der Musikgeschichte sind in modernen Urtext-Editionen erschienen, die sich an der historisch-informierten Aufführungspraxis orientieren. Carus produziert ausgewählte Werke des Katalogs auch im eigenen Label. Führende Künstler:innen und Ensembles, unter anderem Frieder Bernius, Hans-Christoph Rademann und das Calmus Ensemble, veröffentlichen ihre CDs bei Carus.

Die „Stuttgarter Schütz-Ausgabe“, die Carus-Gründer Günter Graulich zunächst im Hänssler-Verlag herausgab und die seit 1992 vom Carus-Verlag weitergeführt wird, versteht sich als quellenkritische Gesamtausgabe, präsentiert aber zugleich einen modernen, für heutige Benutzer problemlos lesbaren Notentext. Die Werke werden in ihrer originalen Tonart und Stimmlage, d. h. ohne Transpositionen ediert. Die Bände enthalten alle wesentlichen Informationen zur Werkentstehung, Überlieferung, Aufführungspraxis und liturgischen Stellung sowie zur Edition selbst. Bislang sind 11 von 22 Bänden erschienen – der erste 1971, der bisher letzte 2019.