Das Bach-Archiv Leipzig legt in Kooperation mit dem Verlag Breitkopf & Härtel eine Neuausgabe des Bach-Werke-Verzeichnisses (BWV3) vor. Am 13. Juni wurde die Ausgabe im Bachfest Leipzig in der historischen Alten Börse feierlich präsentiert. Das BWV ist das wohl wichtigste Nachschlagewerk zu Johann Sebastian Bach für Forschung und Praxis. Zwölf Jahre intensiver Forschungs- und Redaktionsarbeit sind dieser Publikation vorausgegangen: Neben einer grundlegenden Auseinandersetzung mit aktuellen Forschungsergebnissen zum Schaffen Johann Sebastian Bachs (1685–1750) wurde auch die notwendige Neuausrichtung des bewährten BWV diskutiert und umgesetzt.

Seit der 1950 begründeten und 1990 revidierten Ausgabe von Wolfgang Schmieder sowie der »Kleinen Ausgabe« von Alfred Dürr, Yoshitake Kobayashi und Kirsten Beißwenger (1998) hat die Bach-Forschung große Fortschritte gemacht: Zu zahlreichen Vokalwerken gibt es gewichtige Neuerkenntnisse zur Werkgeschichte, etliche Orgel- und Clavierwerke konnten als »unecht« enttarnt, andere Werke hingegen neu Bach zugewiesen werden. Der gesamte Werkbestand mit seiner komplexen handschriftlichen Überlieferung in Quellen, die weltweit verstreut sind, musste einer grundlegenden kritischen Überprüfung unterzogen werden. Hierfür hat sich am Bach-Archiv Leipzig ein kompetentes mehrköpfiges Herausgeber-Team zusammengefunden, dem die Bach-Forscherin Dr. Christine Blanken, der Direktor des Bach-Archiv Leipzig, Prof. Dr. Dr. h.c. Peter Wollny, sowie der ehemalige Direktor, Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Christoph Wolff angehörten. Weitere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus dem In- und Ausland haben das Projekt auf vielfältige Weise unterstützt.

Mit dem Band liegt nun eine stark erweiterte Neuausgabe von 880 Seiten vor, die aus der alten Ordnung von 1950/1990 nur die bekannten Hauptnummern übernimmt die einzelnen Fassungen und Entwicklungsstadien der Werke aber klar voneinander trennt und damit auch Aspekte von Johann Sebastian Bachs Arbeitsweise transparent macht. Erstmals wurde der Gesamtbestand an Werken anderer Komponisten aus Bachs Besitz einbezogen, darunter auch solche in eigenen Bearbeitungen oder Aufführungsfassungen. Hierdurch wird die Erkenntnis zum äußerst vielfältigen Schaffen des Komponisten um eine weitere Facette erweitert. Auch die neue Systematische Werkübersicht trägt dazu bei, die sehr unterschiedlichen Aspekte des Wirkens von J. S. Bach in den einzelnen Kompositionsformen besser voneinander abzugrenzen als es bei den früheren Ausgaben möglich war.

Das »BWV3« umfasst nach der Neuordnung insgesamt 1.177 Werke im Hauptteil, 119 Einträge in der Gruppe der Werke zweifelhafter Echtheit (Appendix), sowie knapp 150 fremde Kompositionen/Sammlungen im Kapitel Notenbibliothek (Supplement). Die Eingliederung in den jeweiligen Teil nach genauer Zuschreibung und Stil erfolgt erstmalig nach einheitlichen Grundsätzen wissenschaftlicher Evidenz; sie soll zu weiterer Forschung anregen und keineswegs einen Endstand der Forschung markieren. Weiterführende Informationen sind in dem – ebenfalls vom Bach-Archiv Leipzig betreuten – Online-Portal »Bach digital« zu finden. Damit wird die Möglichkeit eröffnet, Daten dauerhaft aktuell zu halten und neue Forschungsergebnisse leichter zu integrieren als es Neuauflagen des gedruckten Verzeichnisses ermöglichen können.

Großzügig gefördert wurde die Arbeit am Bach-Archiv durch die Fritz-Thyssen-Stiftung in Köln und das Packard Humanities Institute in Los Altos/USA. Der Verlag Breitkopf & Härtel hat sich durch die Publikation aller bisherigen Bach-Werke-Verzeichnisse als erfahrener und bestmöglicher Partner erwiesen.

Das Bach-Archiv Leipzig versteht sich als musikalisches Kompetenzzentrum am Hauptwirkungsort Johann Sebastian Bachs. Sein Zweck ist, Leben, Werk und Wirkungsgeschichte des Komponisten und der weit verzweigten Musikerfamilie Bach zu erforschen, sein Erbe zu bewahren und als Bildungsgut zu vermitteln. Im Bewusstsein der Bedeutung Bachs erfüllt es im historischen Bosehaus am Thomaskirchhof einen umfassenden und vielfältigen Auftrag für eine breite internationale Öffentlichkeit. Zugleich leistet es damit einen Beitrag zur Profilierung der Musikstadt Leipzig, deren kulturelle Identität der Name Bach maßgeblich prägt.

Das Bach-Archiv ist Mitglied der Konferenz Nationaler Kultureinrichtungen und gehört zu Deutschlands »Kulturellen Leuchttürmen«. Es zählt laut einer von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien erstellten Studie zu den »wichtigsten gesamtstaatlich bedeutsamen Kultureinrichtungen« in den neuen Bundesländern.

Weiterführende Informationen zum Projekt und zu dessen Förderern: https://www.breitkopf.com/work-in-focus/praesentation-des-neuen-bwv