Die Verbände des Forums Veranstaltungswirtschaft blicken mit Sorge auf die geplante Änderung des Infektionsschutzgesetzes, über die Bundestag und Bundesrat am 18. März entscheiden werden. Denn nur vordergründig erscheinen die Neuregelungen als ein großer Befreiungsschlag. Was der Branche tatsächlich helfen würde, haben die Branchevertreter zuletzt in einem Schreiben an alle Bundestagsabgeordneten verdeutlicht.

Schon jetzt kündigen zahlreiche Bundesländer aufgrund hoher Inzidenzen an, auch nach der Übergangsfrist, die am 2. April 2022 endet, weitreichende Einschränkungen aufrecht zu erhalten. Über diese Maßnahmen, die kleinteilig bis auf Ebene von Gebietskörperschaften heruntergebrochen werden können, entscheiden die Landesparlamente. An welche Kriterien diese sogenannten „Hotspot-Regelungen“ aber genau geknüpft werden, bleibt in dem Gesetzentwurf wage. Der Flickenteppich an Maßnahmen wird somit größer. Die für Veranstalter so entscheidende Planungssicht ist mit den vorliegenden Änderungen am IfSG nicht gegeben. Zudem sind die Regelungen bis zum 23. September 2022 befristet und der Umgang mit einer weiteren Welle im Herbst völlig offen.

„Der seit zwei Jahren durch die Corona-Eindämmungsmaßnahmen extrem hart getroffenen Branche fehlt nach wie vor die langfristige Perspektive. Sollten über die Fassung des vorliegenden Gesetzesentwurfs zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes keine weitergehenden Änderungen beschlossen werden, ist eine Rückkehr zur Normalität nicht in Sichtweite.“ sagt Marcus Pohl, Vorsitzender des isdv e.V.

„Es kann nicht sein, dass wir in Aussicht eines guten Sommers mögliche Herausforderungen im Herbst verdrängen. Sollte es zu erneuten Einschränkungen bei Veranstaltungen kommen, müssen Ausfall- und Vorbereitungskosten zu 100% ersetzt werden. Die Weichen dafür müssen in den kommenden Monaten gestellt werden, auch im Hinblick auf das EU-Beihilferecht und den auslaufenden Temporary Framework der EU.“ ergänzt Randell Greenlee, im VPLT e.V. zuständig für Wirtschaft & Internationales.

Auch zukünftige Eindämmungsmaßnahmen müssen definiert und damit planbar gemacht werden. Dazu ist zwingend eine Festschreibung von möglichen Maßnahmen zum Infektionsschutz erforderlich. Dazu schlagen die Verbände im Forum Veranstaltungswirtschaft wiederholt ein bundesweit einheitliches, abgestuftes Verfahren vor. Im ersten Schritt kann zunächst eine FFP2-Maskenpflicht ausreichend sein. In einer zweiten Stufe muss es möglich sein, dass nur z.B. 2G- oder 2G plus-Besuchern der Zugang zur Veranstaltung erlaubt wird. Im nächsten Schritt kann eine Beschränkung auf 3G und Sitzplatz plus Maske auf den Gängen die nächsthöhere Maßnahme ohne Deckelung der Kapazität darstellen. Erst wenn das Infektionsgeschehen eine zu definierende Hospitalisierungsrate überschritten hat, sollte ein Abstandsgebot angeordnet werden dürfen. In diesem Fall muss jedoch für alle Veranstaltungssparten eine Wirtschaftlichkeitshilfe gewährt werden. Darüber hinaus braucht es eine klare und bundeseinheitliche Regelung zum erforderlichen Impfstatus für aus dem Ausland anreisende Mitwirkende und Gäste von Veranstaltungen.

„Veranstaltungen mit Kapazitätsbeschränkungen waren in den vergangenen zwei Jahren nicht wirtschaftlich und werden es auch zukünftig nicht sein können. 100% Kosten kann man nicht mit einer Einnahmemöglichkeit von 75% erwirtschaften. Daran ändert auch im Kulturbereich der durchaus beachtliche Sonderfonds nichts.“ betont Prof. Jens Michow, Präsident des Bundesverbandes der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft (BDKV e.V.).

Michael Kynast, Vorstand des FAMA e.V. fügt hinzu: „Überregionale Messen und Veranstaltungen mit langem Planungsvorlauf werden von der kurzfristigen Lockerung nur bedingt profitieren können, da nicht geklärt ist, ob und wie beispielsweise ausländische Messebesucher und Aussteller Zugang zu den hiesigen Veranstaltungsstätten bekommen werden.“

„Auch wenn in den kommenden Monaten an vielen Stellen Veranstaltungen möglich sein werden und beispielsweise die Clubs kurzfristig regieren können, bleibt die Ungewissheit, was im Herbst passiert. Daher bleibt unsere Hauptforderung an die Regierung, einen Ansprechpartner für unseren Wirtschaftszweig zu benennen und endlich wieder in einen kontinuierlichen Dialog mit uns zu treten.“ ergänzt Axel Ballreich, Vorsitzender des LiveKomm e.V.

„Am Ende geht es auch um die Glaubwürdigkeit der Maßnahmen. Wenn unterschiedlichste Corona-Regeln weder wissenschaftlich begründet noch mit gesundem Menschenverstand nachvollziehbar sind, finden sie immer weniger Zustimmung. Das ist ein Hauptproblem – unsere Besucher, aber auch viele Unternehmen, die ein großes Interesse an Präsenzveranstaltungen haben, werden zusätzlich verunsichert. Das führt zu weiterer Zurückhaltung, auch wenn Veranstaltungen sicher durchführbar sind.“ mahnt Linda Residovic, Geschäftsführerin des VPLT e.V.

„Die Veranstaltungswirtschaft war bis zum Ausbruch der Pandemie der sechstgrößte Wirtschaftszweig unseres Landes. Deutschland war in Europa Tagungsland Nummer Eins, weltweit die Nummer Drei. Veranstaltungen generieren bedeutende Umsätze – für Städte und Gemeinden, die Hotellerie und Gastronomie, Verkehrsträger, Messe- und Veranstaltungshallen, tausende Dienstleistungsbetriebe und Soloselbständige, Künstler und Autoren. All das droht verloren zu gehen, wenn wir es nicht schaffen Planungssicherheit herzustellen.“ so Timo Feuerbach, Geschäftsführer des EVVC.

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