Die Gesellschaft für innovative Marktforschung in Heidelberg (GIM) und der Heidelberger Frühling haben 2022/23 eine Studie durchgeführt, die aus der Stimmungslage der Coronapandemie heraus Zukunftsszenarien, -chancen und -potential für das klassische Konzert untersucht. Berücksichtigt wird die Sicht aller relevanten Akteure: Publikum, Veranstalter:innen, Musiker:innen sowie Vertreter:innen der Musikindustrie und Wissenschaft. Die Studie wird im Februar 2025 vorgestellt.

Zentrales Ergebnis der Studie ist, dass das Konzert der Zukunft keinen bewussten Bruch mit klassischen Normen vollziehen solle. Es soll seine traditionelle Form mit Etikette, Fokus, Konzentration und physischer Präsenz bewahren, auch in Bezug auf Inhalte. Zudem soll es weiterhin öffentlich organisiert bleiben und nicht rein privatwirtschaftlich ausgerichtet werden.

Ferner wird gewünscht, dass das Konzert der Zukunft barrierefrei, öffentlich erreichbar, alltagsnah, weniger exklusiv und durch offene Programme sowie lockere Formate zugänglicher gestaltet wird. Eine digitale Verfügbarkeit von Konzerten wird gewünscht, während digitale Interaktionen und Social Media als weniger relevant für das Konzerterlebnis gewertet werden. Zudem besteht ein Wunsch danach, dass die Konzerte die gesellschaftliche Vielfalt widerspiegeln, inhaltlich und personell divers sind und übergreifende Inklusivität fördern. Auch Nachhaltigkeit wird als wichtig erachtet, mit dem konkreten Vorschlag, Regionalität zu fördern und Reisen zu reduzieren, ohne die internationale Austauschfunktion des Musikbetriebs zu beeinträchtigen.

Weitere Punkte betreffen die Reduktion physischer Medien, eine stärkere Partizipation und experimentelle Ansätze sowie eine bessere Zugänglichkeit aller Bevölkerungsschichten auch mit Blick auf die Kosten für Konzertkarten. Als sehr wichtig wird das Live-Erlebnis gewertet, welches den digitalen Alltag ergänzen soll.

Kern der Studie war eine quantitative Evaluierung von 51 Mikro-Szenarien zum Konzert im Jahr 2035; diese wurden vorab durch Recherchen und 20 Expert:inneninterviews durch die GIM entwickelt und in Workshops mit Vertreter:innen des Heidelberger Frühlings operationalisiert. Mittels CAWI (Computer-assisted web interviewing) wurden 500 Hörer:innen klassischer oder ähnlicher Musik befragt. Die bevölkerungsrepräsentative Stichprobe der Hörer:innen klassischer Musik und verwandter Genres wurde aus einem Online-Panel rekrutiert, das aus vorab registrierten und verifizierten Teilnehmer:innen besteht. Die Rekrutierung der Panelist:innen erfolgte über verschiedene Kanäle, darunter digitale Werbung, soziale Medien, Partnernetzwerke und gezielte Einladungen, um eine diversifizierte und repräsentative Teilnehmerbasis sicherzustellen. Den Studienanforderungen entsprechend wurde die Stichprobe auf Basis spezifischer Quotenvorgaben strukturiert; berücksichtigt wurden die Hörgewohnheiten, das Alter (18 bis 65 Jahre) und das Geschlecht.

Die 51 Mikro-Szenarien wurden den Befragten als Statements vorgelegt. Auf einer Skala von 1 bis 5 wurde jedes Statement bezüglich seiner Erwünschtheit und seiner Eintrittswahrscheinlichkeit bewertet. Die Ergebnisse wurden auf ein Achsenkreuz übertragen und basierend auf ihrer Lage innerhalb der Quadranten kategorisiert. Die Kategorien waren Hoffnung (erwünscht und wahrscheinlich), Sehnsucht (erwünscht und unwahrscheinlich), Ablehnung (unerwünscht und unwahrscheinlich) sowie Befürchtung (unerwünscht und wahrscheinlich). Zuletzt wurden durch eine Faktoranalyse die 51 Mikro-Szenarien in zehn Trendcluster unterteilt. 

In weiteren Analysen wurden die Antworten von Jüngeren und Älteren miteinander verglichen und die Erwartungen und Wünsche an das Konzert im Jahr 2035 nach Persönlichkeitsmerkmalen unterschieden.